Perspektive wechseln und neue Wege gehen – Ernährungsbildung von mehreren Seiten betrachtet

Perspektive wechseln und neue Wege gehen

„Diese Fachtagung ist goldrichtig“, bestärkte Barbara Otte-Kinast, niedersächsische Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, in ihren Grußworten das Programm der 1. Online-Fachtagung der Vernetzungsstelle Kitaverpflegung, die in Kooperation mit der Verbraucherzentrale Niedersachsen am Nachmittag des 5. Mai 2022 stattfand. Das Team der Vernetzungsstelle merkte dies bereits am zweiten Tag nach Anmeldestart, als alle Plätze ausgebucht waren – so groß war das Interesse am Thema „Lernwelt Kita: Heute den Essalltag von morgen gestalten“.

„Ich freue mich, dass Sie sich dafür die Zeit nehmen, sich inspirieren zu lassen, sich auszutauschen, sich einzubringen“, begrüßte Teamleiterin Tanja Bolm die Teilnehmenden aus den Lebenswelten Kindertagespflege und Kita, die aus Niedersachsen zugeschaltet waren. In zwei Impulsvorträgen und vier Workshops stand die praxisorientierte Ernährungsbildung – besonders die Kinderperspektive auf Essen und Trinken – im Fokus. Denn das, was Kinder in rund 1000 Tagen während der Betreuung erlernen, ist prägend für das weitere Leben. Die Frage nach der Ernährung bringt im Betreuungsalltag für Kindertagespflegepersonen und pädagogische Fachkräfte in Kitas aber immer wieder Herausforderungen mit sich, die eine regelmäßige Beschäftigung mit dem Thema unerlässlich machen. „Man lernt doch nie aus“, fasste es Petra Kristandt, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Niedersachsen, schließlich in ihren Grußworten treffend zusammen.

Den Aufschlag machte Frau Lisa Walczak vom Nationalen Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) und gab mit ganz frischen Ergebnissen einer Erhebung einen Ein- und Überblick in den Praxisalltag aus der Vogelperspektive. Sie stellte damit die Weichen für den weiteren Verlauf der Veranstaltung, denn: „Gemeinsam schmeckt es besser!“.

Was „gemeinsam“ in dem Zusammenhang auch bedeuten kann, zeigte im nachfolgenden Impulsreferat Frau Prof. Iris Nentwig-Gesemann eindrücklich, als sie mit den Teilnehmenden aus Sicht der Kinder auf Verpflegungssituationen blickte: Kinder sollten selbstbestimmt agieren und in Entscheidungen einbezogen werden. Essen und Trinken sind Selbstbildungsprozesse und „die Kinder lieben es, sich bedienen zu lassen ebenso, wie sich selbst aufzutun“. Aber auch „Ausnahmen von der Regel beim Mittagessen“ und das Einbinden von Wunschgerichten waren spannende Erkenntnisse, die die Teilnehmenden zum Reflektieren der Situation in der eigenen Einrichtung anregten: „Wie lässt sich das mit dem Wunschessen umsetzen, wenn das Mittagessen von einem Caterer geliefert wird?“ Ganz einfach: Auch Frühstück und Zwischenmahlzeiten bieten viel Spielraum für Kreativität und das Einbinden von Kinderwünschen.

Der Wechsel der Sichtweisen bereitete auf die anschließende Workshop-Phase vor. In ihr wurde Ernährungsbildung mit den Kleinsten gleich aus vier verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Neben der Entwicklungsdokumentation kindlicher Ernährungskompetenzen mit dem Baum der Esskenntnis – „das ist eine super Idee!“ – wurde das Potenzial eines Ernährungskonzeptes für mehr Qualität in der Ernährungsbildung sowie die praxisnahe Arbeitshilfe dazu begeistert aufgenommen: „Mit der Vorlage habe ich jetzt definitiv eine bessere Vorstellung, wie ich das Konzept inhaltlich fülle!“, so ein Feedback.

Darüber hinaus konnten die Teilnehmenden bei den Workshops über kreative Wege für eine gelingende Zusammenarbeit von Kita und Eltern auf Augenhöhe diskutieren, die mitunter verschiedene Kommunikationsformen fordert, um alle zu erreichen, und beispielsweise in einem Eltern-Café münden kann. Außerdem wurden Möglichkeiten kennengelernt, um mit Kindern auf Entdeckungstouren in der Erlebniswelt Essen zu gehen. Das Ernährungsteam der Verbraucherzentrale Niedersachsen feierte dabei Premiere mit einem neu entwickelten Ernährungsbildungsmaterial, das erst kurz zuvor veröffentlicht wurde: Ein Wimmelbild zum Thema „Essen und Trinken in der Kita“, dass nicht nur ein vergnügliches Abenteuer fürs Auge ist, sondern auch vielfältige Anregungen liefert, um mit Kindern anhand der dargestellten Ess-Szenen spielerisch ins Gespräch zu kommen. Es steht Betreuungskräften als Unterstützungsangebot kostenlos zum Download zur Verfügung.   

 „Wir haben viele neue Anregungen und Ideen, auch für die Arbeit im Team, mitgenommen“, resümierten die Teilnehmenden und freuten sich besonders über die praxisorientierte Ausrichtung, die die Umsetzung und Einbindung von Ernährungsbildung in den Berufsalltag erleichtert. Zusammen mit einem guten Verpflegungsangebot von Kindesbeinen an werden so optimale Voraussetzungen für die Entwicklungsbegleitung eines gesundheitsfördernden und nachhaltigen Essverhaltens geschaffen. Und wenn es mal nicht läuft wie geplant? „Aushalten und Geduld haben“, wenn etwas noch nicht so gut funktioniert und „immer wieder neue Bildungsanlässe schaffen und nutzen “, kam es gelassen aus dem Teilnehmendenkreis. „Vieles ist durch die Corona-Auflagen eingeschlafen und muss jetzt erst wieder ‚erweckt‘ werden“. Die Motivation dafür war spürbar vorhanden. In der Lebenswelt Kita stehen die Wege für Ernährungsbildung jedenfalls offen – eine einladende Perspektive.

O-Töne der Teilnehmenden:

  • „Vielen Dank für die guten Anregungen.“
  •  „Der Workshop zum Ernährungskonzept war sehr praxisorientiert und die Vorlagen sehr hilfreich! Danke!“
  • „Ich nehme mit, nochmal sensibel zu sein für die Essgewohnheiten der Familie zuhause.“
  •  „Vielen Dank für die sehr informative Veranstaltung.“